Eine Fahrradreise mit Kindern? "Warum nicht?". Nachdem wir, Lea, Gregor und unsere Tochter Ronja aus Berlin, 2 Jahre lang vom einen Ende Amerikas bis zum anderen Ende radelten, folgt nun Teil 2 der Reise. Mit neuem Nachwuchs Mateo erkunden wir ab April 2016 den Süd-Westen Europas.
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A bicycle trip with a child? "Why not?". After we, Lea, Gregor and our daughter Ronja from Berlin cycled from one end of America to the other, the second big adventure is following. With our new family member Mateo we will explore the south west of Europa, starting in April.


Sonntag, 23. Dezember 2012

Listo! Baja California Sur


Weiter auf der MEX 1. Immer nach Süden. Weiter vorbei an Wäldern aus Kakteen, durch das Nichts der Einöde, entlang der perfekten Asphaltgeraden, hinaufschleichen auf langen Anstiegen und den Schweiß trocknen in windigen Abfahrten, alles im Rhythmus von Zeltabbau, Mittagspause und Zeltaufbau. Schneefleockchen, Weißröckchen wann kommst du geschneit?

Der 2. Abschnitt auf der Baja California kam landschaftlich ohne große Veränderungen daher. Es war schön und diesmal, anders als zu Begin, ohne Skrupel vor den Mexikanern. Wir stoppten in Oasen, verplemperten Tage an traumhaften Stränden und machten Bekanntschaften die diese Art des (Er)Lebens so lebenswert macht. Grundweg eine schöne Zeit. Das Einzige was uns in den letzten Tagen wirklich schwer viel war uns die Weihnachtstimmung einzureden. Die Mexikaner sind hingegen darin schon geübter als wir und adaptieren nicht einfach nur den Weihnachtsbaum mit Lametta und Glaskugeln, sondern stellen sich ein vertrocknetes Wüstengewächs in die mit Palmenblättern bedeckte Hütte, hängen ein paar kunstvoll aufgeschnitte Bierdosen daran und dekorieren alles mit einer Lichterkette, die, da es in vielen Regionen keinen Strom gibt, ohnehin nicht erleuchtet. 

Wir haben eine großartige Etappe dieser Reise geschafft. Aalen uns nun an den Trögen der Zivilisation in der Hauptstadt der Baja California, La Paz, und hinter uns liegen 1500km Radelkilometer die wir fast alle aus eigener Kraft geschafft haben. Aber dazu später mehr. 

Zugegeben, es war tagelang auch einfach nur totlangweilig. Nach der Stadt Loreto ging es kurz durch eine spektakulere Bergwelt um kurz danach zum Erbrechen eintönig zu werden. Die einzige Abwechslung die sich uns bot waren 2 Kurven auf einer ansonsten perfekten Geraden durch das Nichts. Es gab ein paar Orte über deren Lebensqualität gerne gezweifelt werden darf. Vergleiche mit unserem nordöstlichsten Bundesland sind da nicht allzuweit hergeholt. Aber es gab auch Oasen wie die in San Ignacio, in denen uns die tagelange Abwesenheit von sattem Grün erstmalig wieder wirklich bewusst wurde. Oder Strände wie aus dem Bilderbuch in Santispac und El Coyote am Mar de Cortez. Und Begegnungen wie die mit Paul in Loreto, warmherzig, authentisch und pur, der uns bei sich aufnahm ohne uns auch nur eine Minute zu kennen und bei der Verabschiedung ein Tränchen verdrücken musste.

Ronja macht derweil das Reisen überhaupt nichts mehr aus. Es ist ihr Leben und sie liebt es mit ihren Eltern unterwegs zu sein. Was anderes bleibt ihr auch erstmal auch nicht übrig, wollen wir uns doch von diesem Lebensstil nicht allzu bald verabschieden. Sie klettert mitlerweile allein in den Fahrradanhänger, legt sich die Gurte an und wartet darauf, dass einer von uns kommt um die Klickverschlüsse und das Verdeck zu schließen. Wir sind so stolz auf sie.
Sie fängt jetzt gerade an erste Wörter zu nutzten und mit den vielen Kinder hier in Mexiko zu spielen bereitet ihr einen Heidenspaß. Sie steht im Mittelpunkt des Geschehens und sobald mexikanische Muttis den blonden Lockenkopf erspähen bleibt erstmal alles liegen und Ronja wird umringt, geknuddelt und abfotografiert. Wir beobachten das Geschehen aus sicherer Entfernung und werden erst dann als Gesprächspartner interessant wenn wir uns bemühen Spanisch zu sprechen um uns als Nichtamerikaner zu outen. Es bestehen spürbare und tiefgehende Ressentiments gegenüber dem großen Nachbarn im Norden. 

Jetzt gerade ist die Saison der Snow Birds. Die Snow Birds sind nicht etwa eine besondere Art von Zugvögeln, sondern Nordamerikaner die es sich leisten können dem kalten Winter British Columbias, Albertas oder einem der kalten Bundesstaaten des mittleren Westens oder der Pazifiküste zu entfliehen um den Winter warm, gemütlich und vor allem billig in Mexiko abzufeiern. In ihren, auf Autarkie ausgelegten, Wohnwagen im Reisebusformat ziehen sie die Baja runter und richten sich an den schnönsten Orten der Baja für den Winter ein. Klimaflüchtlinge der anderen Art.

Autoreisende der ganz anderen Art trifft man hier auf der Baja allerdings auch. In den letzten 3 Wochen sind wir immer wieder Ralf, Kerstin, Philipp und Katharina, einer Familie aus Thüringen über den Weg gefahren. Die vier sind seit August unterwegs und verbringen Katharinas achtes Schuljahr auf der Panamericana. Jeden morgen gibt es 2 Stunden Unterricht und dann wird die Treppe zum umgebauten LKW eingezogen um weiter zu reisen. Zum Glück sind die vier genauso langsam wie wir, denn als wir sie zum letzten Mal trafen kamen sie genau im richtigen Augenblick. Wir dachten eigentlich, dass die Baja der erste Abschnitt ohne Schummellei und per-anhalter-fahren wird, aber scheinbar gehört das zum Los einer Familie auf Fahrrädern. Starker Gegenwind und eine Straße deren Verlauf ein Fan von Achterbahnen gebaut haben muss, zwangen uns 30km vor La Paz in die Knie. Wir hatten gepokert und zu wenig Essen und Trinken aufgeladen und hätten uns ganzschön einen abgestrampelt um an diesem Tag noch nach La Paz zu kommen. Da kamen unsere Freunde angetuckelt und halfen uns in der Not. Nun sind wir auf dem selben Campingplatz in La Paz und Ralf versorgt uns mit Stories aus über 20 Jahren Globetrotterdasein - er und Kerstin waren 1990 mit ihrem Trabant in Marocco und der Westsahara untwegs - Prädikat Reisesüchtig.

Zu Weihnachten haben wir uns in La Paz in einem Hotel eingemietet. Seit Wochen redet Gregor von nichts anderem als dem Frühstück in eben jenem Hotel. Hoffentlich kann es seinen Erwartungen standhalten. Lea freut sich auf ein paar Nächte in einem Bett. All unsere selbstaufblasenden Isomatten haben von den fiesen Kaktusstacheln seit Tagen einen "Platten". Ronja freut sich sicherlich auf ihre Weihnachtsgeschenke und einen temporären Zugangsrecht zu unserem Naschteller.
Nach Weihnachten geht es mit der Fähre auf das mexikanische Hauptland nach Mazatlan. Am 27. Januar müssen wir am anderen Ende des Landes um unseren Flug nach Kuba zu erhaschen. Daher fahren wir mit dem Bus nach Mexiko Stadt, bleiben ein paar Tage dort, fahren dann weiter mit dem Bus nach Süden. Radeln anschließend von Oaxaca nach San Cristobal um von dort mit dem Bus nach Cancun zu reisen. So der Plan. Lest weiter um seine änderungen zu erfahren.
Frohe Weihnachten.

Es soll nicht zur Gewohnheit werden, aber hier noch ein Video:

https://vimeo.com/56222393
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Going on on MEX 1 along perfect straight asphalt, climbing long hills, drying the sweat when going downhill, all in the rhythm of getting ready in the morning, lunch and pitching up the tent again.

The 2nd section on the Baja California came along without much change in landscape. It was nice and this time, other than to begin, without scruples against the Mexicans. We stopped in oases, spent days and days on beautiful beaches - had a great time!
The only thing we had a hard time with in the last few days was getting in Christmas mood. 
The Mexicans seem to be fine with christmas in the heat and don't just copy the Christmas tree with glass balls- they have dried desert plants with a few artfully cut up beer cans hanging from them and decorate everything with a string of lights, which, since there is no electricity in many areas, does not glow.

We've done a great stage of this journey- now spending some time in civilization in the capital of Baja California, La Paz. Behind us 1500km of cycling and we almost made it without "cheating".   But we will talk about that later.

Honestly, it was just deadly boring for days and days. After the lovely town of Loreto, the Highway went through a short spectacular mountain range but shortly after it was very monotonous. There were a few places where we questioned their quality of life. But there were also oases such as San Ignacio, where we first really were aware of the long absence of lush green. Also beaches looking like a Hollywood scenery in Santispac and El Coyote on the Mar de Cortez. And encounters as with Paul in Loreto, warm, authentic and pure. He welcomed us in without even knowing us for one minute and said goodbye with a little tear in his eyes.

Meantime Ronja climbs in the bike trailer on her own, lies down the belts and waits for one of us to come and buckle her up. We are so proud of her.
She is having her first words now and has a lot of fun with all those children here in Mexico. Ronja is the center of action and Mexican moms love her blond curly head. She is being surrounded, hugged and photographed.

But also we meet car travelers of a different kind on the Baja. In the last 3 weeks we have been continually meeting Ralf, Kerstin, Philip and Catherine, a family from Thuringia. The four are on the road since August and Catherine spends eighth grade on the Panamerican Highway. Every morning there are 2 hours of school before they move in the stairs of the truck to travel further. Fortunately, the four are just as slow as we are, because when we met for the last time they came at the right moment. We actually thought that the Baja will be the first section without cheating, but apparently belonging to the lot of a family on bicycles strong headwinds and a road which was built by a fan of roller coasters has forced us to hitchhike the last 30 km before La Paz. Our friends passed us and helped us in the right time of need. Now we are on the same campground in La Paz and are being fed with stories from over 20 years globetrotter existence - he and Kerstin were with their trabant in Morocco and Western Sahara in 1990 - predicate travel addict.

For Christmas we will be in La Paz downdown. For weeks Gregor is now talking of the breakfast in that hotel. Hopefully it can withstand his expectations. Lea is looking forward to a few nights in a bed. All of our self-inflating mattresses have flats- nasty cactus spines. 
After Christmas we will take the ferry on the Mexican mainland to Mazatlan. On 27 January we have to catch our flight to Cuba on the other end of the country. Therefore, we take the bus to Mexico City, stay a few days there, then continue by bus to the south. Then cycle from Oaxaca to San Cristobal to travel from there by bus to Cancun. So the plan. Read on to learn about the plan changes.
Merry Christmas.

It should not become a habit, but here's a video:

https://vimeo.com/56222393

Montag, 3. Dezember 2012

Baja California


Es ist als beginne eine neue Reise. Wir sind jetzt seit 2 Wochen auf der Baja California in Mexico, 2 Wochen in Lateinamerika, 2 Wochen in einer anderen, neuen Welt und holprig nähern wir uns unserem neuen Umfeld. 
Der Einstieg nach Mexiko verlief ziemlich reibungsvoll. Kaum hatten wir das grosse Drehgitter mit der Aufschrift "Mexico" durchschritten war alles anders als in der gut geordneten, sauberen Welt aus der wir gerade gekommen waren.
Unsere Gedanken über diesen Wechsel sind immer noch kunterbunt und aufgerüttelt.
Gerade die erste Woche war sehr hart und wir kamen uns sehr, sehr verloren vor. 
All unser Reisewissen der letzten Monate war auf einmal obsolet und dann kam noch diese latente Angst hinzu. Wir haben uns dann doch mehr von den sicherlich nett gemeinten Warnhinweisen der US Amerikaner beeinflussen lassen als uns lieb war. "Bloss nicht vollgequatscht werden" kursierte es in unserem Kopf. Wir hatten einfach Angst, aber wovor? Es trieben sich in grenznähe schon einige düstere Gestalten herum und der Verkehr war in den ersten Tagen auch ziemlich heftig, aber woher diese Angst ganz genau kam wissen wir nicht. Wir trauten uns dann selbstverständlich auch nicht unser Zelt, wie sonst üblich, in den Stadtparks oder auf Spielplätzen aufzustellen. Die selben Augen, die noch vor wenigen Tagen, die Ortschaften nach ruhigen Campingorten gescant hatten schauten jetzt nach den fünf rettenden Buchstaben  H O T E L. 
Sachen rein ins Zimmer, Tür zu und Ruhe haben, danach stand uns der Sinn. Wird das jetzt so weitergehen? Haben wir da überhaupt Lust drauf?
Wir retteten uns von Hotel zu Hotel und waren irgendwann dem Chaos entflohen.
Abgesehen von ein paar schönen Zeiten mit Nick, Martin und Angelina + Familie waren die ersten 300km von Tijuana nach San Quintin einfach die Hölle auf Erden und danach radelten wir sozusagen durchs Paradies.
Der Verkehr hörte mit einem Schlag auf bedrohlich auf uns zu wirken und die latente Angst verschwand. 
Wir fühlten uns willkommen und waren auf einmal angekommen. Der Spass stellte sich wieder ein und wir belohnten uns mit einem herrlichen Langusten Burrito.
Das war vor einer Woche in El Rosario. Dem letzten grösseren Flecken Zivilisation vor dem Parque Nacional del Desierto Central de Baja California. Wir rüsteten uns mit Wasser für zweieinhalb Tage aus und dann gings ab in die Wüste. Paradoxerweise fühlten wir uns nun auch landschafltich an den Anfang unserer Reise versetzt, Alaska! Und tatsächlich, wenn man sich den Regen und die Kälte wegdenkt ist die Baja (wie es umgangssprachlich heisst, sprich: Bachha) wie Alaska. Es ist karg, weit und einsam. Na gut, die Kakteen, die wie Ofenrohre in den Himmel ragen sind schon schwer vergleichbar mit den Schrumpeltannen in Alaska, aber das Gefühl des Reisens ist sehr ähnlich. Man ist hier wie in Alaska auf sich allein gestellt und das was in den Fahrradtaschen ist stellt alles da was man hat und haben kann. Das ist ein tolles Gefühl so frei und allein durch die Weite zu radeln und man alle Sinne dafür aufwenden kann die Landschaft aufzunehmen. 
Insofern war die letzte Woche sehr schön. Ronja hatte immer und überall einen grossen Buddelkasten zu Verfügung. Gemeinsam sind wir auf Erkundungstouren durch die Wüste losgezogen, haben uns die Kakteen angesehen, Feuerholz gesammelt oder sind auf kleine und grössere Hügel gestiegen. Wir haben uns in die Baja verliebt. Für Gregor ist es der schönste Abschnitt der Reise. Das anfängliche Trauma ist überwunden und jetzt kommt der Genuss.
Die erste Hälfte auf der MEX 1 ist abgeradelt, wir erholen uns in Guerrero Negro und bald sind wir auf der anderen Seite der Baja, am Golf von Californien. 

Wir wünschen euch allen eine schöne Vorweihnachtszeit.

Video: https://vimeo.com/54903424
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If feels like the start of a new journey. We've been on the Baja California (Mexico) for 2 weeks now, 2 weeks in a different new world and slowly we are approaching our new environment.
The entry into Mexico was very dynamic. As soon as we had passed through the large rotating gate marked with "Mexico" everything was different than in the well-ordered, clean world from which we had just come.
Our thoughts about this change are still colorful and diffuse.
Especially the first week was very hard and we felt very, very lost.
All of our travel experience in recent months was gone at once and in addition there was this latent anxiety. We were more influenced by the certainly nice intentioned warnings of U.S. Americans as we would have liked. "Mexico is dangerous" circulated in our head. We were scared, but of what? Sure, close to the border there were quite a few dark figures around and the traffic was bad in the first days. Of course then we did not pitch up our tent in city parks or playgrounds, as usual. The same eyes that had scanned the villages of quiet camping sites a few days ago, now looked after these five letters saying HOTE L.
Bikes into the room, close the door and peace, was what we were looking for. Is this going on like that? Do we really want that?
We went from hotel to hotel and eventually fled the chaos.
Apart from a lovely time with Martin, Nick and Angelina + family the first 300km from Tijuana to San Quintin were simply hell on earth. Afterwards we rode through paradise.
The traffic stopped immediately and the latent fear disappeared. We felt welcome and had arrived on the Baja. Fun times turned back on and we rewarded ourselves with a wonderful lobster burrito.
That was a week ago in El Rosario. The last spot of civilization before we entered Parque Nacional del Desierto Central de Baja California. We equipped ourselves with water for two and a half days and then we went off into the desert. Paradoxically, we felt like on beginning of our trip, Alaska! 
And indeed, if you think of that time without the rain and the cold, the Baja (as it is known colloquially, pronounced Bachha) is as Alaska. It is meager, lonely and far. Well, the cacti that are sticking out into heaven like stovepipes are difficult to compare with the fir trees in Alaska, but the feeling of traveling is very similar. You are, as provided in Alaska, on your own and all you have in your panniers is all you have and can have. It's a great feeling. A free feeling and biking with all your sensed on the landscape and the pedaling. 
Insofar the last week has been really nice. Ronja had always and everywhere a big sandbox to play with. Together we explored the desert, took a look at the cacti,  collected firewood or climbed small and bigger hills. We fell in love into the Baja. For Gregor, it is the most beautiful part of the trip so far. The initial trauma has been overcome and now the enjoyment is beginning.
The first half of the MEX 1 is done. Right now we are recovering in Guerrero Negro, and soon we are on the other side of Baja, on the Gulf of California.

We wish you all a beautiful pre-christmas period.

Video: https://vimeo.com/54903424